Passionate People

Stories für alle,


die ihr Leben ohne Grenzen leben

Rollt. Rollstuhlbasketball hautnah erleben mit Martin Schenk

Martin Schenk Rollstuhlbasektball
Teilen Sie diesen Inhalt:

Bis zur Rollstuhlbasketball-Weltmeisterschaft in Hamburg (16.08. – 26.08.2018) textet und philosophiert Rollt.-Macher Martin Schenk im 3-Wochen-Rhythmus über die Rollstuhlbasketball-Community und -Szene in Deutschland, das nahende Großereignis in der Freien und Hansestadt Hamburg sowie das illustre Leben als Schreiber, Interviewer und Familienmensch.

Wie alles ins Rollen kam

Als ich von Invacare gefragt wurde, ob ich mir vorstellen könnte, einen regelmäßigen Blog zu verfassen, habe ich eigentlich nicht lange überlegen müssen, da das Wichtigste – neben der stimmigen Chemie – von Anbeginn klar war: die Meinungs-, Themen- und Textfreiheit meinerseits. Hinzu kam, dass ich mich schnell mit dem Invacare-Claim „Yes, you can“ und der -Website „Passionate People“ identifizieren konnte – also Menschen, die für ihren Beruf, ihr Hobby und ihre Leidenschaft brennen. Leute wie du und ich, die jede sich bietende Chance ergreifen, ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen und proaktiv sind, statt zu lamentieren und Dritte für ihr persönliches Unglück verantwortlich zu machen. Ich selbst würde mich auch als jemanden beschreiben, der Feuer und Flamme für das ist, was ihm Freude und Zufriedenheit bereitet – nämlich der Rollstuhlbasketball, seine Protagonisten und Geschichten.

Schon aufgrund meines Jobs, liebe Leser, komme ich mit vielen Menschen unterschiedlichster Couleur in Kontakt, die mich, nachdem der übliche und interessante Smalltalk vorbei ist, oft fragen, wie ich denn eigentlich zum Rollstuhlbasketball gekommen bin. Nun, mit der Korbjagd auf Rollen und Rädern hatte ich bis 2012 rein gar nichts am Hut. Ich, als ehemaliger Fußgänger-Basketballer, hatte zwar schon von den cruisenden Kollegen gehört, aber noch nie ein Spiel live und in Farbe gesehen. Da passte es Anfang 2012 ganz gut, dass ich in Wetzlar das DRS-Pokal Final-Four besuchte, um den RSV-Lahn-Dill-Macher Andreas Joneck zu interviewen. Danach ging es mit der Rollt. ganz schnell. Insbesondere dem Einsatz meines damaligen Mitgesellschafters Sven Labenz sowie der tatkräftigen Mithilfe der aktuellen Team Germany Pressesprecherin Tanja Feddersen, dem seinerzeit aktiven Herren-Teammanager Christoph Küffner, Andreas Joneck sowie den Sponsoren und vielen anderen Akteuren ist es zu verdanken, dass die Rollt. geboren wurde. Pünktlich zur Europameisterschaft in Frankfurt (2013) erblickte Ausgabe #01 dann das Licht der Rollstuhlbasketball-Welt. Damals noch kostenlos, wurde sie den Besuchern und Fans in Frankfurt in die Hand gedrückt. Der Rest ist Geschichte.

Die inklusive Sportart schlechthin

Das Schöne am Rollstuhlbasketball ist, dass es wirklich die inklusive Sportart schlechthin ist. Von Geburt an „Behinderte“, Verunfallte, Minimal-Behinderte, Fußgänger, Frauen, Männer, Jugendliche, Senioren, Ausländer, Deutsche, Christen, Moslems und so weiter und so fort. All das spielt zu keiner Zeit eine Rolle. Im Fokus und Vordergrund steht immer der Sport und der faire Wettkampf auf dem Parkett. Natürlich leisten auch andere Sportarten einen großen gesellschaftlichen und verbindenden Beitrag. Rollstuhlbasketball hingegen ist etwas ganz Besonderes. Ein Pflänzchen, das sich auf dem Weg befindet, Wurzeln zu schlagen, einen festen Stamm zu entwickeln und in naher Zukunft einen großen Schatten auf die hiesige Sportwelt werfen wird. Warum ist das so? Lässt sich meine These und Begeisterung belegen? Ganz einfach: Dort, wo die Politik und die Gesellschaft hinmöchte, ist der Rollstuhlbasketball schon seit langem zu Hause. Beispiele gefällig?

 

Gleichberechtigung

Während die Politik über Quoten für das weibliche Geschlecht debattiert und die Medien den 30%-igen Frauenanteil in DAX-Aufsichtsräten feiern, liefern sich Frauen und Männer – seit Jahren – gemeinsam in der Rollstuhlbasketball-Bundesliga Duelle auf dem Spielfeld – und zwar ohne „Genderwahn“ oder Quotierung. Wenn die querschnittsgelähmte Rollibasketballerin vom großgewachsenen Nationalspieler aus dem Sportrollstuhl geboxt wird, dann ist das halt so. Schließlich wächst die Athletin und der Athlet an den Herausforderungen, was auch jüngst vom Damenbundestrainer, in einer charmanteren Art und Weise, im Interview mit mir bestätigt wurde (ab Minute 9:08).

 

Inklusion

Wenn die dynamische paralympische Sportart für etwas steht, dann für „gelebte Inklusion“. Zwar wird das Buzzword „gelebte Inklusion“ oftmals inflationär benutzt, aber es ist de facto der Fall, dass Rollstuhlfahrer und Fußgänger gemeinsam für den Erfolg kämpfen, sich auf sportlicher Ebene duellieren und bewusst und unbewusst – wie auch die Zuschauer – zu Inklusions-Multiplikatoren und -Brückenköpfen werden. Vorgelebt ist nachgemacht. Das schönste Beispiel in diesem Zusammenhang sind Kinder, die wertfrei und ohne Scheu die in den Hallen stehende Sportrollstühle als „Spielgerät“ nutzen, sich reinsetzen, durch die Sportstätte rollen und dadurch ein Gespür für den Rollstuhl und die rollende Perspektive entwickeln. Auch Zuschauer, die das erste Mal ein Spiel sehen, sind – in den meisten Fällen – begeistert, ob der Schnelligkeit und Wendigkeit. Diese Begeisterung für den Rollstuhlbasketball, dessen verbindende Kraft sowie das Miteinander wird in die Welt getragen.

 

Authentizität

Rollstuhlbasketball ist bodenständig, familiär und ehrlich. Attribute, die sich viele Menschen von der Politik und anderen Sportarten wünschen. Die Spieler sind nahbar, „angreifbar“ und teilweise echte Lebenskünstler und „Lebensbahner“. Während talentierte Fußball-Kids zum Teil hofiert und verwöhnt werden und somit dem „Otto-Normal-Leben“ ein Stück weit entrücken, bahnen sich junge und ambitionierte Rollibasketballer ihren Weg selbst. Hindernisse, weite (Fahr-)Strecken und Bedenken werden aus dem Weg geräumt. Es locken keine Millionengehälter, sondern die Befriedigung der intrinsischen Motivationen sowie das Erreichen der persönlichen Ziele. Solche Menschen sind der Kitt der Gesellschaft. Sie halten den Laden zusammen und dreschen keine Phrasen. Sie legen los, packen an und krempeln die Ärmel hoch.

 

Weltmeisterschaft

Vom 16. bis zum 26. August 2018 findet die Rollstuhlbasketball-Weltmeisterschaft in Hamburg statt. Das Kräftemessen der besten Nationen des Erdballs wird ein sportliches Fest, das zum „inklusiven Feuerwerk“ werden kann und m. E. auch werden wird. Ein Spektakel, dessen Leuchten und Knallen noch lange zu hören und zu sehen sein wird. Warum ich das so sehe und worauf meine Sichtweise fußt, könnt ihr in der 25. Kalenderwoche nachlesen, wenn mein nächster Blog auf „Passionate People“ erscheint.

Autor: Martin Schenk, www.rollt-magazin.de

Fotos: Uli Gasper