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Achtung, hier kommt die Rollstuhlbasketball-WM der Powerfrauen

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Rollt.-Macher Martin Schenk ist am Puls der Rollstuhlbasketball-Szene und wie das aktuelle Wetter und alle anderen Fans der paralympischen Sportart schon ganz heiß auf die Weltmeisterschaft in Hamburg. Für den Invacare-Blog präsentiert der 44-jährige Rollt.-Herausgeber „seine“ Rollstuhlbasketball-Nationalmannschaft der Damen: Er hat den Powerfrauen über die Schulter geschaut und ganz tief in seiner „Erfahrungsschatz-Kiste“ gekramt, um witzige Begegnungsgeschichten und Anekdoten zu Tage zu fördern. Freuen Sie sich über ganz besondere Portraits unserer Nationalspielerinnen – abseits ihrer Klassifizierung, der üblichen Hobbys und dem sportlichen Erfolg.

Was Sie noch nie über das Damenteam der deutschen Rollstuhlbasketball-Nationalmannschaft gelesen haben, aber immer schon wissen wollten

Die etwas andere Teamvorstellung

Mareike Miller

Kapitänin und unermüdliche Rollt.-Unterstützerin ist Mareike Miller, die Top-Scorerin des Paralympicsfinale von London hilft mir, wo immer sie kann. Weiß ich mal nicht weiter, reicht meist eine kurze Facebook-Nachricht an die ehemalige Frau Adermann. Nahezu Dauer-Online lässt sie insbesondere ihre Kontakte in die USA spielen. Einen wertvollen Beitrag leistete sie in den letzten Tagen bei der Erstellung der kommenden Rollt-Sonderausgabe. Übrigens: Wer kein Abo hat, sollte sich das Baby, das mit jeder Menge Zeitinvestment und Herzblut gewuppt wurde, unbedingt sichern.

Lisa Nothelfer

Neu im Team ist Lisa Nothelfer. Vor der letzten Spielzeit von München nach Köln gewechselt, hat sich die tätowiert-gepiercte Bajuwarin in die Nationalmannschaft gespielt. Lisa, die schon auf einem sinnlichen Poster in der Rollt. vertreten war und manchmal den Anschein erweckt, als würde sie in ihrer eigenen Matrix leben, kämpft und beißt, und kann jetzt, da sie den langersehnten Sprung ins Team Germany geschafft hat, endlich unter Beweis stellen, dass sie zurecht das Nationaltrikot trägt.

Svenja Mayer

Ihr gleich getan hat es die fröhliche Svenja Mayer, die, wenn es um Interviews geht, eher vorsichtig ist. Das meine ich gar nicht negativ oder derart, dass der Blondschopf nichts sagen will, was ihr später schwer im Magen liegt. Ich denke, dass Svenjas Bühne einfach ein andere ist. Zum Beispiel die, auf der sie Sondertrainingseinheiten mit ihrem emotionalen und mal eben aufs Spielfeld brüllenden Freund und Kommentator André Hopp schiebt. Da wird sich nichts geschenkt! Schließlich formt einen das Messen mit Stärkeren.

Johanna Welin

EM-Postermodel des Jahres 2013, Schwedin und „Benny-Ryklin-Aushalterin“ ist Johanna Welin. Die 34-Jährige ist die einzige Mutter im Kader. Wie, so frage ich mich, hält es eine Mama solange ohne ihr geliebtes Kind aus? Eine Frage, auf die es im kommenden Team-Germany-Doppelinterview mit Svenja Mayer und Johanna Welin eine Antwort geben wird. Mütter und Väter wissen wovon ich schreibe, wenn ich sage, dass es ganz schön hart ist, wenn man seine Geliebten über einen längeren Zeitraum nicht sieht oder in den Arm nehmen kann. Da hilft auch kein Facetime oder Skype. Vor dieser Leistung und der ihrer Familie zieh ich meinen Hut. Die wilde Lebensgemeinschaft Ryklin-Welin bezeichnete sie jüngst übrigens als „verrückte Familie“. Wobei das nicht auf den Geisteszustand der Beteiligten gemünzt war, sondern die „verrückt viele“ Energie und Aufopferungskraft, die aufgebracht wird, um die Terminkalender und die Leidenschaft zweier Rollstuhlbasketball-Liebhaber unter einen Hut zu bringen.

Marina Mohnen

Mit Johanna seinerzeit im Londoner Kader, kam auch die Teamälteste, Marina Mohnen, zu güldenen Paralympicsehren in der englischen Hauptstadt. In den letzten Monaten von Verletzungen und Schmerzen heimgesucht, ist sie mit ihrem tödlichen Mitteldistanzwurf nahe der Baseline eine Lebensversicherung für Bundestrainer Otto und seine Equipe. Fällt der Wurf nicht, müssen andere in die Presche springen. Marina, die 39-jährige Bitburgerin, hat schon alles gesehen: die Welt, die RBBL und als Spielerin auch schon mal Italien. Jüngst beim World Super Cup in Frankfurt wollte ich ihre Mama interviewen, um ihr das Geheimrezept für die in Wiesbaden geliebten und hochgehandelten Nussecken zu entlocken. Aber Mama Mohnen war weder unter Gewaltandrohung noch Bezahlung eines Bestechungsgeldes bereit, mit mir vor die Kamera zu treten. Sie blieb standfest! Geheimnisse müssen schließlich Geheimnisse bleiben. Mal sehen, vielleicht fällt mir noch etwas ein, um Sie, wie auch Mareike Millers Mama, zu überlisten. Vielleicht nach einem WM-Sieg?

Barbara Groß

Wenn ich Babsi „Barbara“ Groß sehe, die bekanntermaßen mit Katharina Lang und Selina Rausch zusammen am College spielt, muss ich immer an eines unserer ersten Interviews denken, das wir zusammen in der Bankenmetropole geführt haben, und zwar ohne Kamera. Im Vorraum der Frankfurter Ausweichhalle in Goldstein sprach sie mit leicht schmerzverzerrtem Blick in mein altes Handy, sinnierte über das Spiel und die Mainhatten Skywheelers. Der Grund für Barbaras Schmerzen war ein Griff mit ihrer Hand in den Greifring ihres Sportrollstuhls. „Das sollte man auch tunlichst nicht machen“, dachte oder sagte ich ihr sogar. Seitdem muss ich, wenn ich Babsi sehe, immer an die „Greifring-Story“ bzw. „Greifring-Barbara“ denken.

Laura Fürst

Auch an Laura Fürst hege ich besondere Erinnerungen, wurde sie doch bei meinem ersten Besuch des Junioren-Länderpokals in Bonn als wertvollste Nachwuchsspielerin ausgezeichnet. Im Anschluss ans Turnier durfte ich ihre ein Rollt. in die Hand drücken. In München bei den Leguanen unter den Ryklin‘schen Fittichen zur Nationalspielerin gereift, hat sich die Freundin von Iguana-Highpointer Florian Mach, zu einer wertvollen Stütze des Team Germany gemausert. Sie ist für mich ein Stückweit die fleischgewordene Rollstuhlbasketball-Entwicklung – von der Jugendspielerin zur tragenden Säule in der Nationalmannschaft. Sie begleitet irgendwie die Rollt., gibt es doch eine kleine gemeinsame Geschichte.

Katharina  Lang

Ist Laura Fürst für mich die fleischgewordene Rollstuhlbasketball-Entwicklung, ist Katharina „Kate“ Lang das Beispiel dafür, dass es zwischen dem Fußgänger-Basketball und dem Rollstuhlbasketball massenhaft Parallelen gibt und der (Ab-)Sprung vom Deutschen Basketball Bund (DBB) zum Deutschen Rollstuhl-Sportverband (DRS) mehr als lohnend ist. Binnen kürzester Zeit hat es die vom Fußgänger-Basketball kommende Münchnerin zur Nationalspielerin geschafft. Einfach bombastisch. Mit ihr müssten die Verbände eigentlich auf Tour gehen. Der Welt zeigen, dass der Weg von den Laufenden zu den Rollenden leistbar und „geil“ sein kann, wenn der Wille und die Lust vorhanden sind. Sie zeigt, dass die beim Basketball antrainierten Skills und Abläufe, auch im Rollstuhl anwendbar sind und das es eben nicht „behindert ist“, sich in den Sportrollstuhl zu setzen. Top. Bitte mehr davon.

Catharina Weiß

Catharina Weiß, der Sonnenschein vom Neckar – wie es seinerzeit in der Rollt. hieß. Das Küken im Team Germany ist – wie so viele andere Rollstuhlbasketballerinnen und -basketballer auch – bereit, jede Menge (Fahrt-)Zeit in den Sport zu investieren. Zu Beginn ihrer jungen Karriere ist die 18-Jährige zu Trainer Marco Hopp nach Heidelberg getingelt, fuhr die letzte Saison nach Ulm, um dieses Jahr endlich wieder in der Heimat in Tübingen zu spielen. Die junge Dame mit dem „Zahnspangen-Lächeln“ wirkt äußerlich sanft und unschuldig. Auf dem Court gibt sie jedoch ordentlich Vollgas und beißt die Zähne zusammen. Angst vor großen Namen – Fehlanzeige. Angst vor großen Gegenspielern – Fehlanzeige. Catharina ist wohl erzogen, grundanständig und zielstrebig. Wenn es ihr gelingt die Themen Basketball, Privates und Beruf/Studium in Einklang zu bringen, wird noch viel von ihr zu lesen und hören sein.

Annabel Breuer

Annabel Breuer, Starting-Five-Spielerin in Wetzlar und dem Team Germany, treibt ihre Mannschaft meist mit Dutt und leicht rotem Gesichtsausdruck übers Feld. Sie ist Antreiberin, positive „Anbrüllerin“ und Zimmergenossin von Maya Lindholm. In Interviews mit mir versucht Sie stets seriös zu wirken – was ihr auch stets gelingt, wenn sie nicht gerade eine Bierdusche vom Lahn-Dill-Teamkollegen Chris Huber empfängt, mein Lieblings-Video-Kameramann Uli irgendetwas ins Interview brüllt oder sie mit Hopfenblütentee zurückspritzt. Immer für ein Gespräch zu haben, würde der eine oder andere Fan gerne mal Mäuschen im Zimmer Breuer-Lindholm spielen, um in Erfahrung zu bringen, was die beiden so treiben. Nebenbei strebt sie still und leise eine zweite Karriere als Model an, fuhr sie doch erst letztens für einen Automobilpartner der Wetzlarer Korbjäger durchs beschauliche Mittelhessen.

Maya Lindholm

Eben noch im Zimmer mit Annabel, jetzt schon im Invacare-Blog: Maya Lindholm. Hamburger Deern, zu Witzen aufgelegt, aber wenn es darauf ankommt mit 100% Herz und Leidenschaft dabei. Ihr habe ich es übrigen zu verdanken, dass ich eine Wissenslücke füllen durfte. Zeigte sie mir doch vor zwei, drei Jahren – zusammen mit Edina Müller – dass es in Hamburg Ecken gibt, wo sich Nordlichter zum gemeinsamen Tatort gucken treffen. Krimi Public Viewing sozusagen. Ganz hart im Nehmen war sie ebenfalls, als wir bei Hamburger Dauerregen, Video-Clips für die WM produzierten. Klatschnass und bei ordentlich Temperarturen hielt sie bis zum Ende durch. Top. Eine Sache muss aber definitiv noch umgesetzt werden: Ein Interview mit Mayas Oma. Ingrid, so ihr Name, ist Mayas größter Fan, „Drehorgel-Enthusiastin“ und fleißige Rollt.-Leserin. Und mit Sicherheit hat sie auch die eine oder andere Story über ihre Enkeltochter zu erzählen. Früher oder später kriegen wir sie alle …

Anne Patzwald

Heimspiel auch für Anne Patzwald, die, wie ich finde, in der Stadt mit dem geilsten Namen überhaupt geboren wurde: „Wilhelm-Pieck-Stadt Guben“. Sehr nice. Unabhängig ihres Geburtsortes, hat sich die Dame unlängst von ihren langen Haaren für einen guten Zweck getrennt, Werbung auf Pressekonferenzen für die WM gemacht und sich in den letzten Monaten fest ins Otto-Team und die BG-Baskets-Rotation an Alster und Elbe gespielt. Anne wirkt auf manche Menschen, die sie nicht kennen, eher schüchtern. Jedoch gehört sie zu der Spezies, die dir mal ganz schnell einen Spruch reindrückt, wenn du ihr quer kommst. Recht hat sie, schließlich muss man sich nicht alles sagen und gefallen lassen.

Das Trainergespann

       

Zu guter Letzt muss ich natürlich auch noch auf das Trainergespann zu sprechen kommen: Martin Otto und Janet McLachlan. Erfahrene Coaches, die selbst auf Weltklasseniveau gespielt haben. Dies hat den unschlagbaren Vorteil, dass Sie wissen, wovon sie reden. Sie strahlen die Fachkompetenz förmlich aus. Ich muss auch ehrlich sagen, dass ich zu Beginn ein wenig skeptisch war: Erreicht Janet McLachlan insbesondere die älteren Spielerinnen? Die, die gegen sie heiße Duelle ausgefochten haben? Schließlich hätte diese auch ein Stückweit abwiegeln oder „zumachen“ können, so von wegen „Was will mir die denn erzählen, gegen die hab ich doch schon ein paar Mal gewonnen“. Aber, so mein Eindruck von außen, scheint dies nie ein Thema gewesen zu sein. Martin Otto hatte sich seinerzeit auch aus freien Stücken für sie entschieden. Janet war Martins Wunschkandidatin.

Der Headcoach selbst ist ein bodenständiger, geerdeter und keineswegs affektierter Typ. So etwas mag ich. Mit ihm kann man Pferde stehlen. Martin Otto weiß was er will: Lehrer bleiben, Wissen vermitteln und den Rollstuhlbasketball weiter pushen. Ihm zur Seite steht ihm seine blondschöpfige Ehefrau Silke, die das Zeltinger-McLachlan-Baby im Kinderwagen schiebt, die Mädels und ihren Mann unterstützt und Martin und dem Team den Rücken stärkt und freihält. Dies, wie auch das Engagement eines Andi Ebertz, eines Dennis Nohl und alle der Physios und Betreuer, zeigt mir, wie familiär dieses Team Germany ist.

Trotz „Family Feeling“ steht aber der gemeinsame Erfolg im Vordergrund. Alle wissen, dass es nicht ohne den anderen geht. Mit Sicherheit wird es auch bei den Damen so sein, dass die Dame A, lieber mit Dame B in den Urlaub fliegen würde, als mit Dame C. Da müssen wir uns nichts vormachen. Wichtig ist jedoch, dass alle das Ziel vor Augen haben und sich gemeinsam den Hintern aufreißen. Ich bin mir sicher, dass wir genau das in der Freien und Hansestadt Hamburg vom 16. August an erleben werden …

Autor: Martin Schenk  www.rollt-magazin.de
Fotos: Uli Gasper