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Bleib in Bewegung – Daniels Tipps

Person im Rollstuhl am Strand
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Bei meinem letzten Gespräch mit Daniel wurde mir einiges klar. Dass es erstens keine dummen Fragen gibt. Dass wir uns zweitens durch falsche Scham genauso behindern können wie durch mangelnde Empathie. Und schließlich: Dass mein Kollege Daniel schonungslos ehrlich über sich und seinen Querschnitt erzählt. Warum er sich entschlossen hat, so offen mit seiner Story umzugehen, wird er uns heute verraten.

Ein erstes und ein zweites Leben

Daniel, es scheint als hättest du ein erstes Leben vor und ein zweites Leben nach beziehungsweise mit dem Querschnitt. Wir würdest du diesen „Cut“ beschreiben?

Daniel: Fangen wir mal bei den körperlichen Veränderungen an: Alles was du machst, dauert länger, Du musst dich viel intensiver um deinen Körper kümmern. Fast so, als wäre er ein kleines Kind. Sämtliche klassischen Notfallsysteme fallen komplett aus, d.h. es gibt keine Warnung über Schmerzen im gelähmten Bereich. Der Körper meldet sich erst über Fieber, z.B. bei Entzündungen. Du wirst im wahrsten Sinne des Wortes „dünnhäutiger“. Die Haut wird feiner und reagiert z.B. auf Kälte oder Wärme viel schneller als gesunde Haut. Laufende Sichtkontrolle ist daher das A und O.

Auch die inneren Organe sind betroffen: Darm- und Blasenmanagement ist ja fast noch ein Tabuthema, aber auch darüber werden wir noch sprechen. Ich nehme zum Beispiel auch Medikamente gegen die Spastiken meiner Blase.

Daniels Tipps für ein Leben mit Querschnitt

Welche Ratschläge würdest du Menschen mit auf den Weg in ihr „zweites Leben mit Querschnitt“ geben?

Daniel:

  1. Geh raus aus der Isolation! Verkriech dich nicht in deinem Schneckenhaus. Falsche Schamgefühle haben keinen Platz in deinem Leben.
  2. Bleib in Bewegung: Alles, was sich nicht bewegt oder bewegt wird, stirbt ab.
    Schlechte Durchblutung führt auf Dauer zu Dekubitus. Also: immer wieder den Körper bewegen, Beine anders lagern und wenn möglich mit Armkraft hochstemmen, Stehrollstühle verwenden. Unser Blutkreislauf wird ja nicht nur durch das Herz, sondern auch durch die Beinmuskulatur aufrecht erhalten.
  3. Übrigens: Spastiken sind auch eine Art der Bewegung. Sie treten bei hohen Lähmungen stärker auf – bei tieferen Läsionen. Im unteren Lendenwirbelbereich bildet sich die Muskulatur daher vollständig zurück.
  4. Defizite ausgleichen: Darm-Peristaltik anregen, z.B. mit dem Aktivrollstuhl bergauf fahren. Ein gymnastisches Bodenprogramm mit Torsionsbewegungen wirkt hier auch Wunder. Meine Spezialität sind spezielle Varianten von Liegestützen und Sit-Ups. Dabei bleibt zwar das Becken am Boden, aber ich trainiere dabei sowohl Oberarm- und Schultermuskulatur als auch die Beweglichkeit der oberen Brustwirbelsäule.

Mein Tipp: Bleib nicht daran hängen, was alles nicht mehr möglich ist. Lerne deinen Körper neu kennen und höre nie auf auszuprobieren, was alles möglich ist.

 

Du möchtest mehr über Daniel, seine Geschichte und sein Leben mit Querschnitt erfahren?
Dann geht’s hier zum ersten Teil der Blog-Serie:

Ich bin nicht der Durchschnitt. Ich bin der Querschnitt!